Heute ist der Tag, auf den ich schon so lange warte: Valkyrie erscheint, Frida reitet in die Welt und ihr könnt das Buch alle lesen.
Valkyrie ist das vierte Buch, das von mir erscheint. Aber in Wirklichkeit war es das Allererste.
…Er war einmal, im Oktober 2012…
das Felsgestein fliegt vor meinen Augen vorbei. Ich sitze in der Stockholmer U-Bahn, auf dem Weg nach Hause. Normalerweise sehe ich den Stein nicht mehr, nicht mehr die Löcher der Sprengladungen, durch die die Stockholmer ihren Weg durch den Fels sprengten. Aber an diesem Tag ist alles im Umbruch. Draußen tobt sich der Stockholmer Herbst aus, es ist eiskalt, doch in meinen Knochen spüre ich noch die spanische Wärme. Zwei Wochen sind wir durch Andalusien gefahren, haben Wein getrunken und süßen Sherry. Wir waren in Tarifa, wo Atlantik und Mittelmeer durch einen schmalen Weg getrennt werden, und haben in beiden gebadet, wir haben viel geredet, gelacht. Vor dem Urlaub hab ich meinen Job im Callcenter verloren, und ich trauere ihm nicht hinterher. Alles ändert sich in diesen Tagen. Sogar … meine Hand greift unvermittelt an meinen Bauch. Noch fühle ich dort nichts, aber mein ganzer Körper reagiert anders. Ich kann keine Milch mehr in meinem Morgenkaffee trinken, ich liebe plötzlich blutrünstige Geschichten, und alles steht auf Veränderung.

Es wäre also alles toll … wenn da nicht der Nano wäre. In zehn Tagen beginne ich mein neues Buch. Ich bereite es seit Monaten vor, dieses Mal muss es klappen! Zwei Bücher habe ich begonnen und abgebrochen, zwei Leichen auf meiner Festplatte. Dieses Buch muss fertig werden, oder ich werde nie ein Autor werden.
Allein, es klappt nicht. Ich weiß, was ich schreiben will, eine historische Liebesgeschichte im Stil von Isabel Allende, aus der Zeit der Wikinger. Ich habe die Schlüsselszene im Kopf, ich habe die Schauplätze selbst besucht (der große Vorteil, wenn man in Schweden wohnt), auf meinem Tisch stapelt sich die Rechercheliteratur. Aber es wächst nichts. Die Schlüsselszene steht allein, ohne Verbindung, alles, was ich mir ausdenke, ist Klischee, nichts schlägt Funken, nichts lebt.

Ich lenke mich ab, wie immer, wenn ich nicht weiterkomme, und schlage mein Buch auf, Seanan MCGuires October Daye. Ich habe im Vorjahr dieses Serie entdeckt, und über sie das Genre des Urban Fantasy. Ich bin ein Kind der achtziger, geprägt von den cheesy Actionserien und Filmen der neunziger Jahre, und ich liebe dieses Genre, mit seinen Kickasss Helden und fantastischen Wesen (erst später lerne ich das Untergenre der Romantasy kennen). Für einen Augenblick verschwinden meine Probleme, bin ich völlig bei einem Autorennen auf der San Franzisco Golden Gate Bridge. Am Rande höre ich, wie meine Station aufgerufen wird und blicke auf, in Gedanken noch im Buch.
Und ich sehe den Felsen und denke: „Hier müssten Trolle leben, Stockholm wäre traumhaft für eine Urban Fantasy. Warum scheibt das keiner? Ich werde es schreiben.“

Und alles fiel an seinen Platz!
Ich hatte Monate damit verbracht, historische Schinken zu lesen und nichts kam, aber noch ehe ich zuhause ankam, hatte ich den Hauptcharakter (Eine Walküre, die irgendwie von Asgard nach Stockholm gerät), die Donnerdrachen und Fridas Gegner, die Varulfe. Szenen und Schauplätze tauchten wie von allein vor meinem inneren Auge auf, Inspirationen flossen von überall her, (tatsächlich war das Buch im ersten Entwurf noch viel länger und ich hab so viele Szenen noch gekürzt). Und in der Halloweennacht, Punkt 12, setzte ich mich an meinen Rechner und schrieb den ersten Satz:
„Odin entbietet euch seinen Gruß!“, log ich und alle Gespräche erstarben.“
Danach ist noch viel passiert. Ein Dutzend Überarbeitungen und Polituren, die Geschichte selbst war Ende 2012 fertig, aber an den Details habe ich rumgeschraubt. Dann Bewerbungen, und Absagen. Mehr Überarbeitungen, mehr Bewerbungen, noch mehr Absagen (von den Absagen redet kaum ein Autor, aber ich sag euch: Absagen sind so alltäglich wie Regen) und dann die Zusage. Die sich zerschlug. Enttäuschung, Zweifel „soll ich wirklich“, dann aufraffen, noch mehr Bewerbungen, andere Bücher, andere Geschichten, meine ersten Erfahrungen als Selfpublisher. Und dann endlich die Nachricht von Ingrid.

So viel ist passiert, und im Rückblick glaube ich, dass es genau der richtige Weg war, auch die scheißigen Teile. Aber heute beginnt ein neuer Abschnitt. Ab heute ist Valkyrie in der Welt, die Geschichte die begann im Herbst 2012, die mich begleitete auf meinem Weg zur Autorin, die alles enthält was ich kann und will.