Eine Geschichte, ursprünglich aus dem Jahr 2011, und mein erster Versuch mit Fanfiction

“Sind Sie der Schnüffler?” Sie musterte mich von der Türschwelle aus.
„Nein, ich bin Micky Maus.“
Sie runzelte die Stirn.
„Detektei John Smirth, zu Ihren Diensten!“ setzte ich schnell hinzu und wies zu dem roten Polstersessel vor meinem Schreibtisch. Ich hätte nicht meine Klappe aufreißen sollen. Aber ich mochte keine Spielchen. Sie wusste genau, wen sie vor sich hatte. In dem winzigen Kaff kannte jeder jeden und ich war seit Monaten der einzige Neuankömmling. Und natürlich wußte ich auch, wer sie war. Jeder Mann im Dorf war verrückt nach ihr. Man könnte meinen, es gäbe keine anderen Frauen hier. Als sie sich setzte, musterte ich sie unauffällig – sie war nicht direkt schön, ein rundes Gesichtchen, knubbelige Nase. Ihr blondes Haar hatte seit langem keinen Schere mehr gesehen und floss lang über ihre Schulter.
”Was kann ich für Sie tun?”, fragte ich mit meiner betont ruhigen Stimme, die meinen Klienten Vertrauen einflößen sollte.
”Ich brauche Ihre Hilfe!” Sie saß sehr gerade, Augen zu Boden gerichtet. Junge Maid in Nöten! Na prima! Die bedeuteten immer Ärger für mich.
”Worum geht es?” fragte ich.
”Jemand versucht, mich zu entführen“, antwortete sie einfach.
Ich zog die Brauen hoch. Das hörte sich ja nach einem richtigen Job an.
”Wissen Sie, wer hinter Ihnen her sein könnte?”
Sie nickte heftig und reichte mir ein Foto über den Schreibtisch. Der Mann auf dem Foto schaute grimmig. Das schwarze Haar um seine Halbglatze stand in alle Richtungen ab, als versuchte es zu entkommen. Das faltige Gesicht wurde durch eine lange Nase verunstaltet und sein stechender Blick schien mich vom Bild aus zu betrachten. Eine richtige Verbrechervisage! Den Typen hatte ich noch nie gesehen, und das wunderte mich. Eigentlich gab es keine Möglichkeit, sich im Dorf nicht mindestens dreimal am Tag über die Füße zu laufen.

„Wohnt er hier im Dorf?“ fragte ich,

„Nein, er besitzt ein Haus im Wald,“ antwortete sie.

„Ein Einzelgänger?“

„Oh, ja!“ Sie nickte.

”Wie kommen Sie darauf, dass er es auf Sie abgesehen hat?”

”Er läuft mir im Wald ständig über den Weg.

„Nun, wenn er da wohnt…“

„Und er hat Fallen aufgestellt.“

”Die werden wohl kaum für Sie bestimmt sein. Vielleicht ist er Fallensteller.”

”Und als ich zurück ins Dorf wollte, kam er hinter mir her.”

”Vielleicht wollte er doch endlich mal andere Leute sehen.”

”Ich sehe schon, Sie glauben mir nicht.“ Sie begann zu weinen. Ohja, einwandfrei Maid in Nöten. Aber ihr Geld könnte ich wirklich brauchen. Außerdem wäre es eine nette Abwechslung nach der gnadenlosen Ödnis der letzten Monate.

”Ich werde sehen, was ich herausfinden kann,” sagte ich.

„Wirklich? Das würden Sie tun?“ Sie fiel mir um den Hals und dankte mir wieder und wieder. Ein Hauch ihres Parfüms streifte mich, weiblich, verführerisch. Wem machte ich etwas vor? Ich blickte vielleicht auf die Dorftölpel nieder, aber die Wahrheit war: auch ich wollte sie haben.

* * *

Nachdem ich sie beruhigt und verabschiedet hatte, überlegte ich, wie ich den Fall am besten anpacken könnte: mehr über den Mann herausfinden, ihn beschatten, vielleicht die Konfrontation suchen. Wie langsam die Ideen aus meinem Gehirn krochen! Das kommt davon, wenn man zu viel Zeit auf dem Land verbringt. Ich hasse das Dorfleben, die Enge, die Stille. Ich vermisste den Lärm der Stadt, die singenden Stimmen und das Geräusch zerbrechender Flaschen vor dem Fenster. Aber ich hatte keine andere Wahl gehabt, nicht, nachdem die Bullen mich geschnappt und aufgrund meiner Aussage Monzone, den obersten Mafiaboss ins Kittchen geschickt hatten. Zweifingerjoe, seine rechte Hand, war in der Hierarchie aufgerückt. Und sein erster Befehl hatte gelautet: erledigt Smirth, den miesen Schnüffler! Ich verstand seinen Standpunkt. Niemand sollte ungestraft singen dürfen. Aber sein Standpunkt bedeutete unglücklicherweise mein Ableben. Also hatte ich beschlossen, mich für eine Weile am Ende der Welt zu verstecken, bis Gras über die Sache gewachsen war.

Es klopfte an der Tür. Vielleicht hatte sie etwas vergessen? Ein Kuss als Lohn für meine Hilfe? Reiß dich zusammen Smirth! Ich öffnete und spürte mein Lächeln vom Gesicht verschwinden.

„Der Daddy will dich sprechen.“

„Dir auch einen guten Tag, Brillenschlange!“ antwortete ich übertrieben fröhlich.

„Der Daddy will dich sprechen,“ wiederholte er schon ungeduldiger.

„Ich komme,“ sagte ich und nahm meine Zigaretten vom Tisch.

„Wir im Dorf mögen es nicht, wenn geraucht wird.“

„Tatsächlich? Aber es gibt kein Gesetz dagegen, oder?“ fragte ich.

„Nein, aber…“

„Na, dann,“ sagte ich und zündete mir eine Zigarette an.

„Du machst das nur, um mich zu ärgern,“ greinte er.

„Ja, klar!“ antwortete ich. Seinen wirklichen Namen hatte ich mir nicht gemerkt, interessierte mich auch nicht. Bis heute hatte ich nicht herausfinden können, ob er eine offizielle Position bekleidete, oder ob er sich auf der Basis von heißer Luft, aufblies und wichtig machte.

Der Bäcker lief an uns vorbei und ich grüßte freundlich, darauf bedacht, meinen Rauch in die andere Richtung zu blasen. Normalerweise bin ich ein echt netter Kerl. Aber ich hasste Besserwisser. So wie die Brillenschlange hier. Oder den Daddy selbst.

Der ungewählte und unangefochtene Führer des Dorfes wartete vor seinem Haus auf mich. Sein Vollbart ließ ihn gleichzeitig würdevoll und freundlich erscheinen. Sicher würde er gleich einen guten Rat für mich haben, weise Worte, ein Angebot das ich nicht ablehnen konnte. Ich, der ich mit genug Mafiabossen zu tun gehabt hatte, um die Strukturen wiedererkennen, misstraute ihm. Mit den anderen Dorfbewohnern sprach ich darüber nicht. Daddys Autorität in Frage zu stellen wäre für sie so gewesen, als sei man gegen Sauerstoff oder würde Folter gutheißen.

„Smirth, danke, dass du gleich gekommen bist,“ begrüßte er mich mit einem herzlichen Lächeln. Ich murmelte etwas Unverbindliches und schüttelte seine Hand.

„Worum geht es?“ fragte ich.

„Smirth, aus meinem Laboratorium sind einige Flaschen gestohlen worden,“ sagte Daddy.

„Wollen Sie, dass ich für Sie den Dieb ausfindig mache?“

„Nein, eigentlich nicht. Ich möchte nur, dass sich ein solcher Diebstahl nicht wiederholt,“ sagte der Alte, und sah mir dabei fest in die Augen. Der Alte war scharfsinnig. Ich nickte.

„Dann verstehen wir uns,“ sagte er strahlend.

„Wo ich schon mal da bin, ich wollte dich etwas fragen,“ begann ich und fummelte das Foto aus meiner Brieftasche.

„Natürlich, dafür bin ich doch da.“

„Kennen Sie diesen Mann?“ Ich zeigte ihm das Photo, er warf nur einen kurzen Blick darauf und verzog das Gesicht.

„Ja, ich kenne ihn. Aber du willst ihn nicht kennenlernen. Er bedeutet nur Ärger,“ sagte er, ärgerlich und beinahe nervös.

„Wo wohnt er?“ fragte ich.

„Er lebt in einem alten Haus, westlich vom Dorf.“

„Allein?“

„Mit einem Diener, beinahe so ein Finsterling wie sein Herr.“

„Hätte einer der Beiden einen Grund, jemanden aus dem Dorf zu verfolgen?“ fragte ich.

Daddy sah mich scharf an. Dann seufzte er.

„Sie ist bei dir gewesen, nicht wahr?“ Na prima, jetzt tat der Alte auch noch so, als gäbe es außer ihr keine anderen Frauen.

„Ja,“ gab ich zu.

„Smirth, du kannst mir glauben, er ist nicht mehr hinter ihr her als hinter jedem anderen Mitglied des Dorfes. Sie ist nur ein wenig hysterisch. Ich werde mit ihr sprechen.“

„Aber du sagst, er ist gefährlich?“

„Ja. Er ist sehr gefährlich. Halt dich besser von ihm fern.“

„Inwiefern gefährlich?“

„Er gehört nicht zu uns. Er ist gefährlich“, wiederholte der Daddy. Es klopfte an der Tür.

„Es tut mir leid, ich habe jetzt noch einen anderen Termin.“ sagte er und führte mich schnell zur Tür.

* * *

Als ich zu meinem Haus zurückkehrte, stand ein Paket mit der rosa-weißen Aufschrift des Bäckers vor meiner Haustür. Seit ich das Geheimnis der verschwundenen Torten gelöst hatte, schickte mir der Bäcker jeden Tag sein übrig gebliebenes Backwerk. Nett von ihm! Überhaupt war alles gerade sehr nett. Ich hörte zwei Vögel singen, auch das war nett. Vielleicht hatte der Daddy recht, und ich sollte aufhören, dunkle Verschwörungen zu vermuten und einfach die nette Atmosphäre im Dorf genießen. Ich beugte mich über das Paket, und roch daran. Torte oder Brot? Für einen Augenblick schwiegen die Vögel und ich hörte… ein Ticken!

Als ich wieder zu mir kam, lag ich an der Wand. Ich stand auf, und befühlte vorsichtig meine Knochen. Obwohl ich direkt neben der Bombe gestanden hatte, war ich wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Was man von meiner Einrichtung nicht sagen konnte. Am schlimmsten hatte es den Wandschrank erwischt, wenn ich die noch glimmenden Splitter richtig zuordnete. Der hatte die Flaschen aus Daddys Laboratorium enthalten. Ich fand ein Stück meines Spiegels, eine rußgeschwärzte Fratze zeigte sich darin. Für die Schweinerei hier würde jemand bezahlen, und ich wusste auch schon, wer dieser jemand war.

Ich stieß die Haustür auf, die den Angriff wundersamerweise überlebt hatte. Er stand auf der anderen Seite! Und lachte!! Ich schlug fest zu und wie ein Sack ging er zu Boden.

„He, waf soll das?“ fragte er. Das dümmliche Grinsen hatte ich ihm von der Visage gewischt.

„Du weißt warum!“

„Das war doch nur Spaß.“

„Das war eine Bombe, erzähl mir nicht, das war nur Spaß!“

„Aber- das war es,“ protestierte er.

„Hat er dich angeheuert?“ fragte ich und hielt ihm das Foto vor die Nase. Schlagartig wurde er ernst.

„Nein, im Leben nicht. Mit dem will ich nichts zu tun haben.“

Ich musterte ihn halb wütend, halb ungläubig. Nur Spaß! Das Schlimmste war, ich glaubte ihm. Man hatte mir erzählt von seiner Macke mit „lustigen“ Späßen. Für mich war er ein geisteskranker Irrer. In der Stadt hätte ich ihn der Polizei übergeben aber in diesem Nest gab es ja Keine. Ich griff ihn und zog ihn nahe zu mir.

„Zum letzten Mal: lass mich in Ruhe! Ich mag deine Scherze nicht, ich mag deine Geschenke nicht! Merk es dir!“

Er zitterte „Natürlich Mr. Smirth!“

* * *

Sie kam eine Stunde später in mein Büro gestürmt.

„Wie können sie es wagen!“

Ich musterte Sie ruhig.

„Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen keinen Stuhl anbiete. Ich habe keinen mehr.“

„Lenken Sie nicht ab“, fauchte Sie mit zornsprühenden Augen. „Wie konnten sie ihn so verängstigen?“

Ich merkte daß mein Mund offen stand. „Sie meinen der Typ, der mir eine Bombe geschickt hat?“

„Natürlich, wer denn sonst? Der Arme fängt an zu zittern, wenn er nur Ihren Namen hört.“

„Das will ich hoffen. Schauen Sie doch wie mein Büro aussieht!“ sagte ich.

„Das ist kein Grund ihm mit Gewalt zu drohen,“ gab sie zurück.

„Und eine Bombe ist keine Gewalt?“

„Das zeigt, daß er Sie mag. Daß er Sie in der Dorfgemeinschaft willkommen heißen wollte.“

„Auf so ein Willkommen kann ich gerne verzichten. Was Ihren Fall angeht….“

„Ich werde ihre Dienste nicht mehr benötigen,“ unterbrach sie mich mit eisiger Stimme. „Ich habe mit Daddy gesprochen, und wir sind Beide der Meinung, dass wir gut ohne Sie auskommen.“

„Wie Sie wünschen“, sagte ich, und versuchte, ruhig zu bleiben, während es in mir brodelte. „Die bisherigen Nachforschungen gehen aufs Haus.“

Sie schüttelte den Kopf. „Daddy sagte, es wäre besser, wenn ich Ihnen nichts schuldig bliebe. Er hat mir etwas für Sie gegeben. Er meinte, das würden Sie lieber nehmen als Geld.“ Erst jetzt sah ich die Tüte in ihrer Hand. Sie klirrte, als sie sie zu Boden stellte.

„Lassen Sie uns in Ruhe, verstanden?“ Sie rannte hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Die Angeln quittierten endgültig ihren Dienst, und die Tür schlug mit einem lauten Krachen auf der Erde auf. Ich sah in die Tüte. Sie enthielt zwei Flaschen von Daddys besten Alkohol. A propos Mafia: der Alte war der einzige im Dorf, der Alkohol besitzen durfte. Niemand trank im Dorf, und sie würden auf mich herabsehen wenn ich mich jetzt besoff. Aber ehrlich? Das war mir völlig egal.

* * *

Am nächsten Morgen erwachte ich mit einem Kater. Mein Kopf tat an vier Stellen gleichzeitig weh und in meinem Mund hatte scheinbar etwas Ekliges, Haariges übernachtet. Ich wusch mir das Gesicht, und spülte mir den Mund aus. Dann machte ich mich ans Packen. Der Gedanke war über Nacht in mir gereift. In der Stadt würde ich mich verstecken müssen. Aber ich hatte genug von der Provinz, von diesem Dorf und seinen bekloppten Bewohnern. Ich trat durch das Loch das mal meine Tür gewesen war. Draußen hatte sich das halbe Dorf versammelt. Ein ungutes Gefühl beschlich mich.

„Was ist passiert?“ fragte ich.

Daddy sah mich unglücklich an. „Sie ist entführt worden.“

„Von ihm?“

„Ja.“

„Was habt ihr vor?“

„Wir beraten noch.“

„Dann beratet mal weiter. Ich geh sie befreien,“ sagte ich.

„Warte, Smirth. Überstürz nichts.“

„Auf was soll ich warten? Auf euch?“ Ich drehte mich um und marschierte los. Hinter mir hörte ich Brillenschlanges Stimme

„Du kannst dich nicht einfach über die Dorfgemeinschaft hinwegsetzen.“

„Warum nicht?“ fragte ich. Er schnappte nach Luft.

„Zumindest der Daddy muss deinem Plan zustimmen.“

„Nein.“

„Nein?“

„Nein. Ich gehöre nicht zum Dorf. Das heißt, ich bin nicht an eure Gemeinschaft gebunden, eure dämlichen Ideen oder euren dummen Daddy.

Ich lief in den Wald, während mir entsetzte Ausrufe und Blicke folgten.

* * *

Ich fand das Haus, oder besser gesagt, die Ruine des Verdächtigen auf Anhieb. Ein Wunder, daß diese Bude noch nicht zusammen gebrochen war. Ich kletterte auf ein Fenstersims und schaute durch die zerbrochene Scheibe. Drinnen sah es nicht besser aus. Ein schmales Bett. Ein Tisch. Ein Stuhl. Ein Schrank. Und ein Käfig. Darin saß sie. Der Mann von dem Foto befand sich auch in dem Raum, zusammen mit seinem Diener. Warum hatte sie mir nicht gesagt, wie groß der Typ ist? Ich bin nicht klein, aber der war ein echter Riese. Noch mehr müßte ich mich aber vor seinem Diener in Acht nehmen. Der sah richtig fies aus, fies wie: es würde ihm Spaß machen, anderen Schmerzen zu bereiten. Etwas blitzte in seiner Hand. Messer! Na, Großartig. Ich hasse Messerkämpfer. Aber es nützte nichts. Ich musste da rein. Ich bräuchte eine Ablenkung. Nur gut, daß ich den letzten Rest von Daddys Alkohol mitgebracht hatte. Und daß auch ich ein oder zwei Dinge über Bomben wußte.

Sie kamen heraus gerannt, als sie den Knall hörten. Ich schlüpfte durch die Tür.

„Du!“ rief sie als sie mich sah.

„Geh zur Seite!“ rief ich und zog meinen Revolver. Beim dritten Schuss öffnete sich die Käfigtür.

„Schau mal einer an. Wir haben noch einen Gast,“ sagte eine Stimme hinter mir. Ich spürte einen Stoß in die Seite. Meine Waffe wurde mir aus der Hand geschlagen und verschwand unter dem Schrank. Ich sah in die geisteskrank unmenschlich leuchtenden Augen des Dieners, der mich am Boden fixiert hielt.

„Wo ist der Rest?“ fragte sein Herr hinter ihm.

„Ich arbeite allein,“ sagte ich, ohne Nachzudenken. Verdammt, er hätte ruhig denken können, meine Verstärkung wäre schon unterwegs.

„Wirklich? Wie schade!“ sagte der Mann überraschenderweise. Der Diener gab einen seltsamen Laut von sich, halb Fauchen, halb Kreischen. Sein Herr schien ihn zu verstehen.

„Ja, du hast recht, Az. Eine magere Ausbeute. Aber was will man machen?“

„Warum haben Sie die Frau entführt?“ fragte ich.

„Du bist wohl nicht von hier?“ fragte er zurück.

„Was hat das damit zu tun?“

„Hier in der Gegen kennen die Leute meinen speziellen- Wünsche.“ Er nahm das offene Buch und hielt es mir hin. Verwirrt las ich: 3 Zwiebeln, 4 Karotten, 2 Hände voll Pilze, 1-2 Körper. Ein Kochbuch?

„Ich verstehe nicht…“

Er nickte. „Ja, und mit Frauen schmeckt es noch viel besser, zarteres Fleisch, Sie verstehen?“ Plötzlich wurde mir übel.

„Außerdem sind die Bruststücke besser,“ fügte er vielsagend zwinkernd hinzu. Ich musste kotzen.

„Das war völlig unnötig,“ schimpfte er.

„Aber gut, dass du vorbei gekommen bist.“ Ich ahnte, was er sagen würde, bevor er es aussprach. „Das Rezept ist besser mit zwei Körpern.“

* * *

Und jetzt saß ich gemeinsam mit ihr im Käfig. Zugegeben, einige meiner schlüpfrigeren Träume hatten einen ähnlichen Inhalt gehabt, allerdings ohne den geisteskranken Irren, der vor dem Käfig Gemüse schnitt, und plante, uns zu Ragout zu verarbeiten. Er fluchte.

„Jetzt habe ich die Pilze vergessen. Egal, ich weiß, wo welche wachsen. Du“, wandte er sich an seinen Diener „passt auf die Beiden auf.“

Ich schöpfte Hoffnung. Der Käfig war nur noch mit einem dicken Seit zugebunden, und sie hatten das Messer in meinem Schuh nicht gefunden.

„Ich habe eine Idee. Kannst du ihn ablenken?“ fragte ich sie. Sie nickte und ging zur anderen Seite des Käfigs.

„He du!“ rief sie. „Willst du mal was sehen?“ Mit diesen Worten begann sie, ihr Kleid auszuziehen. Ich hätte nicht gedacht, daß sie so praktisch veranlagt wäre. Sie zog die Träger ihres Kleids hinab, erst den einen, dann den anderen, und ließ ihr Kleid langsam zu Boden gleiten. Dann berührte sie ihren BH. Sie warf mir einen neugierigen Blick zu, der fuchsteufelswild wurde, als sie sah, daß ich immer noch wie festgenagelt am selben Fleck stand. Da strippte sie um unser Leben, und ich hatte nichts besseres zu tun als sie anzugaffen. Schnell glitt ich zur Käfigtür und schnitt das dicke Seil durch.

Nach wenigen Sekunden war ich frei. Nun kam der schwierige Teil. Ich musste den Diener angreifen, damit sie aus dem Käfig raus kam. Ich näherte mich ihm von der Seite, und brachte mein Messer in einer schnellen Bewegung nach unten, direkt in seinen Brustkorb, so wie ich es von Zweifingerjoe gelernt hatte. Zumindest war das der Plan. Aber statt Widerstand spürte ich nur leere Luft. Ein Schlag traf mich von hinten, so fest, daß ich einen Meter weit durch die Luft segelte. Verdammt, der Kerl war schnell!

Ich kam auf die Beine, mein Messer in der Hand. Er stürzte sich auf mich und ich drehte mein Messer nach oben. Diesmal hatte ich seine Bewegungen richtig eingeschätzt und ich wurde mit einem langgezogenen Jaulen belohnt. Wir umkreisten uns. Ich schlug einige Male nach ihm, er nach mir, ohne daß einer von uns den entscheidenden Vorteil davongetragen hätte. Ich hatte den Eindruck daß er mit mir spielte. Er kämpfte mit den Dolchen, als seien sie an ihm festgewachsen. Meine Zeit wurde knapp. Glatzkopf würde bald zurückkommen und gegen Beide gleichzeitig hätten wir keine Chance. Ich täuschte einen Ausfall nach rechts an, und warf mich nach links. Eine Hand wie eine Klaue fuhr auf mich hinab. Er hatte meine Finte vorausgesehen. Mit drei schnellen Hieben schlug er mir mein Messer aus der Hand, und presste mich zu Boden. Das wars, Game over! Plötzlich erklang ein Knall hinter uns. Er erstarrte, dann fiel er langsam um, ein Loch über dem rechten Auge.

Sie stand nur einen Meter hinter uns, ein Träger ihres Kleides immer noch herabgezogen, der BH achtlos hinter ihr liegend, meine Pistole in der Hand. wir hörten Schritte von draußen. Sie griff ihren BH und wir rannten los.

* * *

Ich schulterte mein Bündel, und sah mich in dem Raum um, der für einige Monate mein Zuhause gewesen war. Die Tür war immer noch kaputt, aber glücklicherweise war das nicht mehr mein Problem. Auf dem Weg zum Wald hörte ich Lachen und Rufen. Das ganze Dorf hatte sich versammelt, um die heldenhafte Rettung zu feiern. Bald würden sie merken, daß ich fort war. Es war besser so. Ich hasse Abschiede.

Sie wartete am Rande des Dorfes auf mich.

„Du willst also gehen?“ fragte sie.

„Ja…“

„Du könntest bleiben, weißt du. Sogar Schl… Brillenschlange hätte nichts mehr gegen dich.“

Ich schüttelte den Kopf: „Ich gehöre in die Stadt.“ Ich zögerte nur einen Wimpernschlag.

„Komm doch mit.“

Sie lächelte und schüttelte den Kopf. „Nein, ich gehöre hierher.“

„Ja, das tust du,“ sagte ich mit einem Hauch von Bedauern.

Wir verstummten beide.

„Wenn du mal Hilfe brauchst….“

„Wenn du dich mal wieder verstecken musst…“ wir sprachen gleichzeitig. Wir verstummen gleichzeitig.

Sie lehnte sich nah an mich und gab mir einen leichten Kuss auf die Lippen.

„Leb wohl, Smirth.“ Ich lächelte.

„Leb wohl, Schlumpfine!“

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