Nach dem Mittagessen machen wir uns auf den Weg. Es ist deutlich kühler geworden und wir wollen heute eigentlich nur einen schönen, ruhigen Platz suchen, und dann gammeln und gar nichts machen. Nur wo? Der Vättern ist traumhaft schön, aber es sind einfach zu viele Leute hier. Vielleicht bei den Seen rundherum?
Das haben sich viele andere auch gedacht, dieses Jahr und wohl auch in den Jahren davor. Wir finden wundervolle Plätze zum schwimmen und grillen, mit großartigen Toiletten (Toiletten werden mit zunehmender Campingdauer immer wichtiger). Und bei allen ist campen verboten. So langsam geht uns auf, dass mit dem Wohnmobil fahren Sinn macht. Ein Parkplatz ist einfacher gefunden als ein Zeltplatz. Letztendlich ergattern wir einen Zeltplatz an der Hauptstraße. Naja, Hauptstraße heißt, dass alle 10 Minuten ein Auto vorbeikommt. Wir bauen das Zelt auf, in letzter Sekunden bevor der Wolkenbruch losgeht.
So langsam kippt die Stimmung. Gefühlt verbringen wir dreiviertel des Tages damit, neue Plätze zu finden. Außerdem ist hier zu viel Regen, zu viel nass. Und vor allem zu kalt. Endlich stoppt der Regen, wenigstens für eine Minute. Kind will schwimmen. Mit Mühe erkläre ich ihr, dass es dazu einfach zu kalt ist. Da kommt eine sehr schwedisch aussehende Familie an, mit drei sehr schwedisch aussehenden Kindern. Die drei Jungs stürzen sich in die Fluten und ich ernte einen Blick von meinem eigenen Kind, das deutlich kühler ist als die Lufttemperatur. Mit mehr Mühe erkläre ich ihr, dass schwedische Kinder mehr Kälte gewohnt sind. Da fangen wir einige Worte der Eltern auf – die sehr schwedischen Schweden kommen aus Berlin. Das hab ich von meinen Vorurteilen! Tochter stürzt sich in die Fluten (Mama, so lang man unter Wasser bleibt, ist es gar nicht so kalt), und wir kommen mit den anderen ins Gespräch. Es geht um den Urlaub. Erfahrungen. Corona, immer wieder Corona!
Die Zeit wird länger und schließlich laden sie uns in die Stuga ein, die sie gemietet haben, zum Abendessen. Wie jedes Mal machen wir unsere mentale Statistik: aktuelle Infektionsraten im Län-Anzahl der Leute, mit denen wir in Kontakt waren. Aber die Infektionszahlen sind in den letzten Tagen regelrecht eingebrochen. Wir nehmen an und lassen unser Zelt stehen.
Es wird ein wundervoller Abend. Wir leeren unseren Cider, und die Smörgasplatte. Unser Kind ist verschwunden. Die ist gleich zu den Jungs hoch und ich hör nur “ich kann so gut klettern” “wir haben ein Ruderboot”. Dann versumpfen sie einträchtig vor dem Tablet. Schließlich lädt Steffi uns ein, die Nacht in dem freien Gästezimmer zu verbringen. In dieser Nacht soll das Thermometer einstellige Werte anzeigen, und dankbar nehmen wir an. Martin und ich stellen fest, wenn Urlaub in Schweden, dann einfach Häuschen mit Freunden, und rumlungern ist der perfekte Urlaub.
Der Abschied am nächsten Tag fällt uns allen schwer. Wir tauschen Nummern aus und das Versprechen, dass wir uns in Berlin wiedersehen, oder in Stockholm, eines Tages, wenn alles vorbei ist. Tochter? Will die Jungs mitnehmen, und das Haus. Das Ruderboot sowieso! Und das Spielehaus im Garten. Wir stimmen ihr zu und ich stelle fest: erwachsen werden heißt, zu akzeptieren, dass man nicht alles mitnehmen kann.