Mit dem Nano-Wrimo geht es mir immer so wie mit Silvestervorsätzen: Jedes Mal sage ich zum Ersten „dieses Mal blogge ich und schreibe über die Nano-Erfahrungen“. Und dann ist der Monat plötzlich rum und meine guten Vorsätze wieder mal sang und klanglos untergegangen.
Dabei war dieses Nanocamp selbst wie ein Krimi. Ich hatte mir dieses Jahr eine geringeres Wortziel gesetzt. Gemütliche 20000 Wörter wollte ich schreiben, viel weniger als die Normale 50000. Aber dieser Monat war schon relativ verplant, zwei Wochen Urlaub mit Johanna bei meinen Eltern und ausserdem die gefürchtete Steuererklärung. 20000 erschien mir wie ein gemütlicher Spaziergang. Dachte ich!
Der erste Tag macht eine Menge aus. Ich öffnete ein neues Worddokument, schrieb „Mainhattan-files“ – und zögerte. Wie komme ich in das Thema rein? Habe ich genug recherchiert? Wer ist mein Hauptcharakter? Bin ich wirklich bereit, eine neue Serie zu beginnen, vor allem eine Serie, die ich selbst veröffentlichen will und die dem strengen Auge der Öffentlichkeit standhalten soll? All das ging mir durch den Kopf. Dann schüttelte ich ihn, trank einen Schluck Kaffee und schrieb:
„Ich möchte Sie engagieren“, sagte die Frau noch im Hineinkommen und ohne meine für einen Magier typische Disziplin hätte ich geantwortet „na endlich!“
Ich las den Satz noch mal und schrieb weiter, ohne zurückzublicken. Am Abend hatte ich 2013 Wörter beisammen und war hochzufrieden. 20K erschien mir plötzlich als ein viel zu niedriges Ziel. Das Gefühl verstärkte sich noch, als ich am nächsten Tag 4000 Wörter erreichte. Ein Viertel geschafft nach 2 Tagen. Am dritten Tag schloss ich die erste Geschichte der Serie ab. Danach wollte ich schnell eine Kurzgeschichte für eine Ausschreibung schreiben und dann zu den Mainhattanfiles zurückkehren.

Doch dann kam Ostern dazwischen. Und dann der Urlaub. Ich hatte mir vorgenommen, im Urlaub jeden Tag eine Stunde zu schreiben, doch meine zweijährige Tochter hielt nichts davon. Und noch etwas anderes kam dazu: im zweiten Kapitel sollte der Fokus wechseln, von Thomas zu seinem Bruder Paul. Und ich fand nicht die richtige Stimme. Ich schrieb beinahe jeden Tag eine neue Version, eine schlechter als die vorher gehende. Und so kam es, dass ich, zum ersten Mal im Nano, 20 Nullrunden verzeichnen musste.
Und auch als ich aus dem Urlaub zurück kam, änderte sich nichts. Ich versuchte alles: verschiedene Perspektiven, freies Schreiben, andere Szenen. Nichts gelang! Langsam geriet ich in Panik. Ich hatte vielen Leuten die Mainhattanfiles versprochen, wenn man mich gefragt hatte „Wann können wir endlich was von dir lesen“ selbstsicher geantwortet „nächsten Monat“. Hatte ich mich übernommen?
Die Lösung kam sehr unspektakulär daher. Ich schrieb einen neuen Versuch der Angst-Szene… und stellte plötzlich fest, dass ich diesmal nicht nur Mist geschrieben hatte. Sie war sogar eigentlich gar nicht mal schlecht. Sie war tatsächlich brauchbar. Ich schrieb die nächste Szene. Und auch die funktionierte. Ich hatte meine Blockade überwunden – vier Tage vor Schluss, und noch 12.000 Wörter zu schreiben.
An dieser Stelle merkte ich, dass ich das Camp dieses Mal nicht gewinnen würde. Das wurmte mich auf der einen Seite – ich bin ein Wettkampftyp und liebe es, zu gewinnen. Auf der anderen Seite war es ok, man kann nicht immer gewinnen. Ich beschloss ganz gemütlich weiterzuschreiben und zu sehen, wie weit ich kommen würde. Am 30. dem Tag des Valborgsfeuers, fehlten mir noch 6000 Wörter.

Es war unmöglich, ich hatte noch nie mehr als 5000 an einem Tag geschrieben. Aber trotzdem gab es da eine kleine innere Stimme, die immer wieder flüsterte „Aber du könntest es schaffen.“ Ich beschloss einfach loszuschreiben und zu schauen, wie weit ich käme. Zum Mittag fehlten mir noch 4000 Wörter. Ich schrieb weiter. Als ich Johanna abholte, waren es noch 3000. Ich leerte den Duploeimer über ihr aus und schrieb weiter. Als Martin heimkam, waren es noch 2500 und 15 zerstörte Duplotürme (Johanna baut sie, ich zerstöre sie mit irrem Lachen. Guckt nicht so komisch, Johanna ist beleidigt, wenn ich das irre Lachen weglasse). Wir spazierten mit der gesamten Familie zum Valborgfeuer und verbrachten einige schöne Stunden dort. Dann schrieb ich weiter.
Mittlerweile hatten meine Freunde bei Twitter und in den Foren mitbekommen, dass ich mir ein Wettrennen gegen die Zeit lieferte und Anfeuerungsrufe trudelten ein. Ich schrieb weiter.
500 Wörter vor Schluss und um zehn nach elf ging mir der Plot aus. Ich marschierte zu Martin, der sich grad die Kitchen nightmares ansah. Ich drehte mich um und begann eine Geschichte von einem Vampirkoch, dem seine Küchenmesser gestohlen worden waren (Wer nicht weiß, wie ich von einem zum anderen komme, sollte sich mal Gordon Ramsey im vollen Wutanfallmodus ansehen).
Um zwanzig vor 12 überschritt ich die 20.000. Jetzt noch validieren! Ich kopierte den gesamten Text in ein Feld und drückte senden. Es begann zu rödeln… und zu rödeln… mir wurde kalt, wenn jetzt die Seite zusammenbrach,weil zu viele Leute drauf zugriffen…. da sah ich ein neues Bild, ein Anlegesteg im Sonnenuntergang. Ich hatte es geschafft. Ich hatte gewonnen.

Ich habe schon an zahlreichen Nanos teilgenommen, aber selten habe ich mich so stolz gefühlt wie in diesem Moment. Dieses Mal war es wirklich ein Schlusssprint. Aber noch glücklicher war ich, als ich 2 Tage später die Geschichte durchlas und feststellte, dass sie funktioniert. Die Mainhattanfiles funktionieren! Und bald könnt ihr sie alle lesen!